Grüngold

Ein Drittel unseres Landes sind immergrüne Wiesen und Weiden. In den Voralpen, Alpen und im Jura wächst vielerorts einzig Gras. Kühe und Rinder verwandeln Gras zu Milch und Fleisch. Landesweit gilt: Aus Grün wird Gold.

 

Warum in der Schweiz viel Gras spriesst und ein Milchstrom fliesst

Grünland. Die Schweiz ist über weite Gebiete ein Grasland und eignet sich nur zur Tierhaltung. Das Klima, das Gelände und die Böden sind die Ursache dafür.

  • Klima: In Höhenlagen über 800 m ü. M. verkürzen tiefe Lufttemperaturen die Zeit des Pflanzenwachstums. Getreide und Hackfrüchte gedeihen wenig: Gräser, Kräuter und Klee wachsen noch gut, auch wegen der regelmässig verteilten Niederschläge. 
  • Gelände: Steiles Gelände, hügelige und höckrige Geländeformen und wenig besonnte Nordhänge eignen sich schlecht für den Ackerbau. Als Grasland lassen sie sich nutzen.
  • Böden: Schwere, lehmige und flachgründige Böden eignen sich wenig für den Pflug, aber gut für Dauerwiesen und Weiden.

Kuhland. Eine Kuh verdaut in ihrem Wiederkäuermagen rund 100 Kilogramm Gras pro Tag. Mit Hilfe von spezialisierten Bakterien in ihrem Verdauungsapparat kann sie Gras, das für die menschliche Ernährung wertlos ist, zu Milch und Fleisch verwerten. „Veredeln“ nennt man das in der Landwirtschaft. Die Rindviehhaltung hat in der Schweiz Tradition. Sie ist der Haupterwerbszweig der Landwirtschaft. Im Jahr 2000 zählte man über 700'000 Kühe im Land.

 

Goldland. Milchbüchleinrechnung: Nehmen wir an, der Bauer verfüttert einer Milchkuh im Jahr das Gras einer halben Hektare Wiesland (einer Fläche von 50 x 100 Metern). Die Kuh gibt 5000 Liter Milch im Jahr. Dann fliesst aus 1 m2 Wiesland 1 Liter Milch pro Jahr. Hochrechnung: Die Rindviehhaltung bringt den Schweizer Landwirten etwa die Hälfte des Geldertrags aus dem gesamten Produkteverkauf, im Jahr 2000 also rund 3, 7 Milliarden Franken. Wenn wir vorsichtig rechnen, dass das Wiesenfutter dazu die Hälfte beiträgt, dann bringt das Grasland gegen 2 Milliarden Franken Ertrag.

 

Ferienland. Die Wiesen und Weiden prägen – im Wechsel mit Wäldern, Äckern, Obstanlagen, Gemüsefeldern und Rebbergen – das Gesicht vieler Regionen und machen den Charme unseres Landes aus. Man stelle sich vor, die Bauern liessen alle die grünen Flächen ungemäht und unbeweidet. Diese würden bald verbuschen und mit Wald überwuchert. Was würde dann aus dem Tourismusland Schweiz werden?

Vehfreude

Wiesen mit vielen bunten Blumen erfreuen das Wandrerherz, geben aber nur karges Futter. Das Herz des Bauern freut sich ebenso an einer Wiese mit ertragreichen Gräsern, saftigen Kräutern und Klee. Er braucht gutes Futter für die Tiere.

 

Wie die Bauern die Wiesen verschieden nutzen können

Wiesenpflanzen. Auf Wiesen und Weiden wachsen Gräser, Kräuter und Klee. Für die Fütterung der Tiere wünscht der Bauer viel Futter von hohem Nährwert. Am ertragreichsten sind die schmalblättrigen Gräser. Kleearten sind erwünscht wegen ihres Eiweissgehaltes und weil sie im Boden mit den Knöllchenbakterien Stickstoff anreichern. Kräuter braucht es nur in beschränkten Mengen. Sie machen das Futter schmackhaft und enthalten viel Kalzium und Magnesium.

 

Blumenwiesen. Auf Wiesen, die nur wenig (extensiv) genutzt werden (jährlich ein bis drei Mal geschnitten und nicht gedüngt), können die Pflanzen blühen. Blumenwiesen verschönern die Landschaft und sind wertvoller Lebensraum für bedrohte Tier- und Pflanzenarten. (Lesen Sie dazu die Infos zu den Lockpfosten „Extensivwiesen“.)

 

Heumatten, wie man sie von früher noch kennt, sind in den letzten Jahrzehnten grösstenteils verschwunden. Die wenigen, die es noch gibt, werden wenig intensiv genutzt, das heisst spät geschnitten und mässig gedüngt. Farbenfroh verschönern sie die Landschaft, bringen aber nur die Hälfte des Ertrages einer intensiv genutzten Wiese (5 bis 6,5 Tonnen Futter pro Hektare). Das Heu einer solchen Wiese eignet sich zum Verfüttern an Aufzuchtrinder und Pferde. Das qualitativ wertvollere Emd (zweiter Schnitt) kann man auch den Milchkühen vorlegen. Wenn diese Wiesen mehr gedüngt und häufiger genutzt werden, steigt der Anteil erwünschter Gräser und damit der Ertrag und der Futterwert der Ernte. Bei dieser sogenannt mittelintensiven Nutzung verschwinden aber die Blumen.

 

Raigraswiesen. Sehr häufig geschnittene oder beweidete und regelmässig gedüngte Wiesen enthalten mehr Gräser, z.B. die futterbaulich interessanten Raigräser und das Wiesenrispengras. Je nach Wiesentyp und Standort erbringen diese intensiv bewirtschafteten Wiesen pro Hektare und Jahr 10 bis 13 Tonnen Gras von bester Qualität.

 

Abgestufte Bewirtschaftung. Es liegt im Interesse der Natur und der biologischen Artenvielfalt, die Wiesen und Weiden angepasst zu bewirtschaften. Der Bauer wird die Wiesen fleissig nutzen, die sich bezüglich Klima, Höhenlage, Bodentyp, Wasserhaushalt und Nährstoffversorgung für eine intensive Produktion eignen,. Andere Standorte wird er wenig intensiv oder gar extensiv bewirtschaften.

Kunstgewerbe

BGute Pflege der Wiesen und Weiden ist eine Kunst. Die Bauern mähen und weiden, düngen und säen, striegeln und walzen, mausen und jäten, um den gewünschten Pflanzenbestand heranzu-ziehen. Kunst beginnt beim Können.

 

Wie der Bauer seine Wiesen bewirtschaftet und dabei die Pflanzenbestände verbessert

Zweifachziel. Wer meint, Wiesen könnten einfach gemäht und geweidet werden, ohne dass man sie pflegt, täuscht sich. Ein Gang mit einem Bauern über seine Wiesen kann einem die Augen öffnen. Ziel des Bauern ist, auf seinen Wiesen eine optimal zusammengesetzte Pflanzengemeinschaft heranzuziehen, um viel Futter von bester Qualität zu ernten. Diese Optimierungsaufgabe ist eine Kunst.

 

Mähen und Weiden. Mit einem überlegten Wechsel von Mähen und Weiden kann der Bauer den Pflanzenbestand seiner Wiesen beeinflussen. Zum Beispiel kann eine Frühlingsweide konkurrenzstarke Kräuter zurückdrängen und den Gräsern Platz verschaffen. Oder wenn man eine Wiese zu einem späteren Termin mäht und altes Bodenheu macht, können gewünschte Gräser absamen und ihren Anteil im Bestand halten oder vergrössern.

 

Düngen. Mit gezielter Stickstoffdüngung kann der Bauer die gewünschte Zusammensetzung eines Wiesenbestandes erreichen. Er kann die Erntemenge steigern und den Futtergehalt verbessern. Wer übermässig oder zum falschen Zeitpunkt düngt, verbrennt möglicherweise Pflanzen, es entstehen Lücken in der Wiese und Unkräuter können keimen.

 

Säen. Um einen schlechten Wiesenbestand aufzuwerten, kann der Bauer Samen von erwünschten Gräsern einsäen. Wenn er eine solche Übersaat während einer Weideperiode vornimmt, drücken die Tiere die Samen in den Boden. Wo ein Wiesenbestand weniger als 30 Prozent gute Gräser enthält, lohnt sich eine Neuansaat: Der Bauer pflügt dann den Boden und sät die Wiese neu an.

 

Striegeln, Abschleppen, Walzen. Gestriegelt wird dann, wenn eine Wiese verfilzt oder verkrustet ist und der Boden für eine Übersaat aufgerissen werden muss. Wiesen werden ausgeebnet und Mäusehaufen weggeputzt, indem der Bauer sie mit einem geeigneten Gerät „abschleppt“. Gewalzt werden Wiesen im Frühling, um eine holprige Oberfläche einzuebnen oder wenn Pflanzen im Winter nur noch locker im Boden wurzeln.

 

Mausen. Mäuse fressen mit Vorliebe die süssen Wurzeln der Kräuter und guter Gräser. Diese sterben ab und die Lücken werden von wertlosen Pflanzen bewachsen. Mäuseschäden können manchmal epidemieartig auftreten und den Erfolg vieler Jahre Wiesenpflege zunichte machen.

 

Jäten. Nur besonders hartnäckige Unkräuter wie die Blacken werden einzeln ausgestochen oder totgespritzt. Sonst versucht der Bauer vor allem mit der Kunst der Bewirtschaftung Unkräuter am Aufkommen und sich der Ausbreiten zu hindern.